Mutprobe und Liebesbeweis
Dass unüberlegte Posts zum Problem werden können, verdeutlicht der Fall einer 13-Jährigen aus Gütersloh: Ein Video geriet über WhatsApp in Umlauf, das das Mädchen bei sexuellen Handlungen zeigt. Allerdings gehören heutzutage freizügige Fotos zum Ausprobieren und Entdecken der eigenen Sexualität dazu. Jugendliche verschicken diese als Mutprobe oder als vermeintlich harmlosen Liebesbeweis. So genanntes „Sexting“ („Sex“ und „Texting“) ist dann gefährlich, wenn die Bilder über das Internet verbreitet werden, z.B. um unter Freunden anzugeben oder um sich nach einer Trennung zu rächen.
Trend mit weitreichenden Konsequenzen
Laut einer Studie hat jedes sechste Mädchen in Deutschland schon einmal Nacktbilder verschickt. Welche Konsequenzen das haben kann, zeigt der Fall von Amanda Todd: Sie zeigte einem Fremden im Netz ihren nackten Oberkörper. Die daraufhin im Internet verbreiteten Bilder davon veranlassten Mitschüler von Amanda zum Mobbing, was das Mädchen letztlich in den Selbstmord trieb.
Wie verbreitet Cybermobbing ist, verdeutlicht die JIM-Studie: Jeder Dritte Befragte der 12- bis 19-Jährigen kennt jemanden, der schon einmal über das Internet oder Handy fertig gemacht wurde. Soziale Netzwerke verstärken diese Entwicklung, da die Folgen weitreichender sind: Ein falscher Klick oder die böse Absicht stellen intime Fotos dauerhaft und für jedermann zugänglich ins Netz. Messenger-Dienste wie Snapchat, die in den letzten Jahren hohe Beliebtheit bei jungen Nutzern erzielen, verleiten besonders zum Teilen von kritischen Inhalten: Die Fotos sind vermeintlich nur wenige Sekunden lang sichtbar. Snapchat gilt deshalb auch als eine „Sexting-Plattform“. Tatsächlich können Nutzer aber Screenshots von den geteilten Inhalten erstellen, wodurch das geteilte Foto gespeichert und weiterverbreitet werden kann.
Das Verbreiten sexueller Inhalte hat nicht nur für das Opfer Folgen, es ist auch eine Straftat mit rechtlichen Konsequenzen. Im erwähnten Fall der 13-Jährigen erstatteten die Eltern Anzeige. Unklar ist, ob das Mädchen selbst oder der 17-Jährige das Video in Umlauf brachte. Laut Polizei läge der Tatbestand der Verbreitung von Kinder-/Jugendpornografie (§184c StGB) vor. Auch jeder, der zur Weiterverbreitung des Videos beitrage, müsse mit einer Strafanzeige rechnen. Selbst Jugendliche, die zum Zeitpunkt der Verbreitung noch nicht strafmündig waren, können noch 30 Jahre nach der Tat zivilrechtlich dafür belangt werden – zum Beispiel in Form von Schmerzensgeld.
Verständnis und Gespräche statt Verbote
Aus Schamgefühl suchen sich Betroffen nur selten Hilfe und verbleiben alleine mit dem Problem. Die Folgen können von Depressionen bis hin zu Selbstmord reichen. Um sein Kind bestmöglich zu schützen, raten Experten Eltern, sich mit seinen Kindern mit dem Teilen persönlicher Inhalte auseinanderzusetzen. Wichtig sei, Verständnis zu zeigen und eine Vorbildrolle einzunehmen. Ein Handyverbot zum Schutz vor Cybermobbing oder vor eigenen Fehlentscheidungen sei hingegen der falsche Weg. Wichtiger sei die Aufklärung über den Umgang mit seiner eigenen Intimsphäre im Internet sowie über mögliche, rechtliche Konsequenzen.
Das Internet vergisst bekanntermaßen nie: Gelangen Nacktbilder oder intime Daten einmal ins Internet, kann man sie nur schwer wieder „einfangen“. In diesem Fall ist es wichtig, schnell zu handeln. Betroffene oder Eltern von Betroffenen sollten direkt Kontakt mit der jeweiligen Plattform aufnehmen. Erfahrungsgemäß nimmt die Bearbeitung Zeit in Anspruch, die entweder durch einen Anwalt oder eine private Cyber-Versicherung beschleunigt werden kann. Kürzlich testete das Finanzmagazin Focus Money (Ausgabe 26/2018) Versicherungen, die sich auf die Absicherung gegen Internetkriminalität spezialisiert haben. Der Testsieger INTER CyberGuard konnte sich mit einem weit aufgestellten Angebot durchsetzen. Der INTER-Rundumschutz unterstützt bei der Löschung ungewollt veröffentlichter, privater Daten und bietet neben juristischer auch psychologische Erstberatung für Opfer von Cybermobbing an.
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