Kind und Karriere: ein Entweder-oder?
Viele Arbeitgeber werben heutzutage mit Familienfreundlichkeit, um trotz Fachkräftemangel ausreichend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen sowie langfristig binden zu können. Trotzdem gestaltet es sich für Mütter sowie auch für einige Väter oft schwierig, den Kinderwunsch mit ihren Karrierezielen zu vereinbaren. Denn zumindest für die Frau bedeutet die Geburt eines Kindes eine Auszeit vom Beruf, die mindestens einige Wochen dauert, oftmals sogar einige Jahre.
Zudem kehrt sie oft in Teilzeit zurück, bis die Kinder größer sind und weniger Betreuung brauchen. Auch immer mehr Väter entscheiden sich, für einige Monate in Elternzeit zu gehen oder (zeitweise) nur noch in Teilzeit zu arbeiten. Hinzu kommen typische Probleme wie die kurzfristige Betreuung der Kinder, wenn sie krank sind und nicht zum Kindergarten oder in die Schule können, was beispielsweise zusätzliche Fehlzeiten im Job bedeutet.
Fakt ist, dass in vielen Unternehmen zwar Familienfreundlichkeit beworben wird, aber ein hierarchischer Aufstieg in Teilzeit (noch) nicht möglich ist. Somit endet die Karriere zwar nicht mit der Schwangerschaft oder der Geburt eines Kindes, jedoch stagniert diese zumindest für einige Jahre. Wer also beispielsweise eine erfolgreiche Fach- oder Führungslaufbahn einschlagen möchte, für den ist die Frage „Kinder oder Karriere“ tatsächlich manchmal ein Entweder-oder.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht, denn in immer mehr Unternehmen findet ein Umdenken statt und so genießen auch Eltern trotz Elternzeit, Teilzeitarbeit und anderen Herausforderungen zunehmend bessere Karrierechancen. Zudem erleichtern moderne Arbeitsmodelle wie das Homeoffice die Vereinbarkeit von Kind und Karriere, sodass es einfacher wird, diesen Spagat zu meistern.
Das Kinderkriegen „richtig“ planen
Wenn euer Ziel also ist, euren Kinderwunsch zu erfüllen, aber dennoch keine Karrierenachteile zu erfahren, ist Organisation das A und O. Das gilt einerseits bei der Kinderplanung, sprich es gilt den richtigen Zeitpunkt zu finden, um beide Lebensbereiche optimal miteinander zu vereinen. Das ist leichter gesagt als getan, denn eine Schwangerschaft lässt sich nur bedingt planen. Dasselbe gilt für berufliche Chancen wie eine Beförderung, die sich oft unerwartet ergeben.
Trotzdem ist es sinnvoll, sich vorab darüber Gedanken zu machen, wie Job und Kindererziehung vereinbart werden können, wenn ihr einen Kinderwunsch hegt. Überlegt beispielsweise, wer wann in Elternzeit gehen würde, wer vielleicht die Betreuung der Kinder im Krankheitsfall übernehmen könnte oder ob Optionen wie die Arbeit im Homeoffice zur Verfügung stehen. Auch ein Jobwechsel kann vor einer Schwangerschaft noch einmal sinnvoll sein, um die beiden Lebensbereiche besser unter einen Hut bringen zu können. Dann lohnt es sich, mit dem Kinderkriegen zu warten, bis das betreffende Elternteil einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat – was vor allem für die Frauen gilt.
In dieser Planungsphase sind auch finanzielle Fragen relevant, schließlich bedeutet die Elternzeit oder die eventuelle Teilzeitarbeit finanzielle Abstriche und ein Kind verursacht nennenswerte Kosten. Wie kann der Unterhalt der Familie dennoch gewährleistet werden? Welche steuerlichen Veränderungen ergeben sich? Welche Zusatzleistungen können beantragt werden?
Je genauer diese Fragen vorab beantwortet werden, desto reibungsloser funktioniert später der Spagat zwischen Kind und Karriere. Eine gute Planung sowie gegebenenfalls etwas Geduld, den Kinderwunsch oder den nächsten Karriereschritt betreffend, kann sich also auszahlen, um auf lange Sicht eine bessere Balance zu finden.
Weitere Tipps für die Vereinbarkeit von Kind und Karriere
Es gibt nicht den einen Zeitpunkt, der prinzipiell am besten ist, um Kind und Karriere zu vereinbaren. Stattdessen ist es wichtig, dass ihr diesen in eurem individuellen Fall findet, abhängig von der beruflichen Situation, den Finanzen, eurem Lebensalter und weiteren Faktoren. Aber es gibt noch weitere Tipps, wie der Spagat zwischen Kind und Karriere in jedem Fall erleichtert werden kann:
Flexibel bleiben.
Planung ist gut und wichtig, wie ihr nun bereits wisst. Doch wie bereits erwähnt, lässt sich das Leben nicht immer mit Sicherheit planen. Ihr müsst also mit unerwarteten Stolpersteinen rechnen: Vielleicht klappt die Schwangerschaft erst später als gedacht, eventuell hat der Arbeitgeber plötzlich wirtschaftliche Schwierigkeiten oder die Großeltern, die bei der Kinderbetreuung helfen wollten, können das aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr.
Flexibilität ist deshalb unverzichtbar, um solche unerwarteten Herausforderungen zu meistern, ohne dass darunter die Kinder oder die Karriere leiden. Anstatt sich auf einen Plan zu versteifen, ist es daher wichtig, die Lebenssituation immer wieder neu zu betrachten und bei Bedarf auch neue Lösungen zu finden, sozusagen einen Plan B, Plan C, Plan D – und so weiter.
Die Kontrolle übernehmen und behalten.
Sich gleichzeitig um die Kindererziehung zu kümmern und im Job gute Leistungen zu erbringen, kann überwältigend sein. Ein Gefühl von Kontrollverlust ist dabei nicht selten, jedoch solltet ihr in diesem Fall schnell gegensteuern. Beweist Eigeninitiative und ergreift Chancen, wenn sie sich ergeben, indem ihr beispielsweise in der Elternzeit eine Weiterbildung belegt, euch trotz Teilzeit intern auf eine Vakanz bewerbt oder eine Projektleitung übernehmt – denn so beweist ihr dem Arbeitgeber, dass er immer noch auf euch zählen kann.
Sprecht am besten offen über eure Karrierepläne und macht konkrete Vorschläge, wie ihr durch das Unternehmen gefördert werden könnt. Ansonsten landet ihr schnell auf dem beruflichen „Abstellgleis“. Sogar ein Jobwechsel zu einem Unternehmen, das auch Führungspositionen in Teilzeit oder andere Chancen offeriert, können trotz familiärer Verpflichtungen sinnvoll sein. Werdet also nicht zum Spielball der Zufälle, sondern versucht stets, die Kontrolle über euer Berufs- und Privatleben zu behalten. Dann findet sich für jede Herausforderung eine Lösung – garantiert.
Staatliche Hilfsangebote nutzen.
Auch der Staat versucht Eltern zu unterstützen und dabei zu helfen, trotz Kindererziehung beruflich erfolgreich zu sein. Deshalb ist es wichtig, staatliche Hilfsangebote zu kennen und zu nutzen, um sich zeitlich oder finanziell zu entlasten. Dazu zählt beispielsweise das Kinderkrankengeld, falls ihr ein krankes Kind pflegen müsst und dafür unentgeltlich von der Arbeit freigestellt werdet. Es füllt die finanzielle Lücke, die dadurch entstanden ist.
Weitere Unterstützungsleistungen sind zum Beispiel das Mutterschaftsgeld, Elterngeld, Kindergeld oder die Steuerentlastungen. Zudem haben Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, was sich in der Praxis allerdings oft als schwierig erweist. Deshalb ist es wichtig, diese Angebote zu kennen und rechtzeitig zu beantragen.
Die Elternzeit als Chance begreifen.
Eine Garantie, dass die Karriere durch die Elternzeit, Teilzeit & Co nicht leidet, gibt es zwar nicht. Allerdings kann die Geburt eines Kindes auch eine berufliche Chance sein. Einige Eltern nutzen diese Zeit, um sich beruflich neu zu orientieren oder ohne finanziellen Druck den Traum von der (nebenberuflichen) Selbständigkeit zu verwirklichen.
Die Elternzeit muss also keine vollständige Auszeit vom Beruf bedeuten, sondern sie kann und sollte auch aktiv genutzt werden, um die zukünftigen Karriereschritte zu planen und einzuleiten – sofern das bereits möglich ist. Das kann auch bedeuten, den Arbeitgeber um eine Homeoffice-Regelung zu bitten oder sich einen entsprechenden Job bei einem anderen Unternehmen zu suchen.
Oder ihr nutzt die Elternzeit für ein berufsbegleitendes Studium, um anschließend mit eurer Karriere voll durchzustarten. Überlegt also, wie ihr diese sinnvoll nutzen könnt, wenn euch neben den Kindern auch die Karriere wichtig ist.
Fazit
Schlussendlich ist der Spagat zwischen Kind und Karriere auch eine Frage der Einstellung: Betrachtet ihn als Chance, um als Persönlichkeit zu reifen und euch beruflich weiterzuentwickeln. Natürlich wird dabei die eine oder andere Herausforderung warten, doch mit der richtigen Planung und einem gesunden Maß an Eigeninitiative überwiegen die Vorteile dieser einmaligen Zeit im Leben.
Wichtig ist aber, diese Zeit auch zu genießen und intensiv zu erleben. Denn die Kinder werden schnell erwachsen und wenn ihr nur auf eure Karriere fokussiert seid, werdet ihr das eines Tages vielleicht bereuen. Eine gewisse Gelassenheit, dass sich Kinder und Karriere nicht immer optimal vereinbaren lassen, ist deshalb ebenfalls ein wichtiger Tipp – denn alles hat im Leben seine Zeit und dann muss eben das Eine oder das Andere noch einige Jahre warten.