Andreas und Matti waren Freunde in der Grundschule. Die Freundschaft fing an einem Tag an, an dem Andreas im Schulhof gesehen hatte, dass zwei Viertklässler einen anderen Zweitklässler (Andreas war auch in der zweiten Klasse) ärgerten. Die großen nahmen seinem Opfer die Mütze ab und schmissen sie in eine Pfütze. Andreas konnte nicht mehr lange zusehen und griff ein. An diesem Tag kam er mit einem blauen Auge nach Hause, und seit dem Tag war Matti – das Opfer – sein Freund.
Sie spielten seitdem immer zusammen in der Schule, besuchten einander zu Hause und luden einander zu Geburtstagen an. Andreas erzählte seinen Eltern fast täglich von Matti und nannte ihn "meinen besten Freund" oder auch "meinen wahren Freund". Die Mutter freute sich sehr darüber, dass Andreas einen so guten Freund hatte, und nur der Vater sagte ab und an skeptisch: "Nenn einen Spielfreund nur dann Freund, wenn er dir nicht nur in der Freude, sondern auch im Kummer beigestanden und dich dann nicht verraten hat." Niemand nahm aber Vaters Worte wahr – er war als altmodischer und pessimistischer Mensch bekannt.
Eines Tages fiel Andreas aus der Schaukel und verletze sich am Bein. Er konnte kaum aufstehen, der Bein schmerzte höllisch. Unglücklicherweise war niemand in der Nähe, bis auf Matti, der in der Nähe sich coole Pokémon-Karten angeschaut hatte, die ein anderer Junge ihn gerade gezeigt hatte. Andreas rief: "Matti! Hilf mir…" – "Was ist los?" – schrie Matti zurück, blieb aber stehen. "Kannst du bitte jemandem holen, ich kann nicht aufstehen, mein Bein tut so weh." – "Warte, ich komme gleich." Er kam aber nicht sofort, er wollte die Karten anschauen. Nach 10 Minuten war er da und sagte: "Ich hole gleich jemanden". Matti ist dann gegangen - und kam nie wieder. Die anderen Schüler entdeckten Andreas und halfen ihm. Am nächsten Tag sagte Matti: "Ich musste los, ich wurde schon abgeholt." Andreas war seelisch sehr verletzt und fragte seinen Vater (er erinnerte sich dann plötzlich doch an dessen Worte!), ob es Matti doch nicht so gemeint hat, und ob es wirklich so ein "Kummer-Fall" war? Daraufhin erzählte sein Vater eine Geschichte. Diese gebe ich hier unverändert wieder:
Vor vielen Jahren gab es einen Menschen, dessen Sohn seinen achtzehnten Geburtstag sehr groß feiern wollte. Der Sohn sagte: "Vater, ich habe sehr viele Freunde und möchte alle einladen. Es wird eine große Party geben." – "Okay" – sagte Vater – „Wie viele Freunde hast du denn insgesamt? Kannst du mir eine Liste mit Namen und Telefonnummern geben, damit ich mich um die Organisation deiner Feier kümmern kann?" – "Ich denke, es werden mindestens 20-30 Freunde kommen. Die Liste kriegst du von mir! Ich freue mich sehr darüber, dass du die Organisation übernimmst, denn du kennst dich ja damit besser aus."
Am Tagt der Feier trafen sich der Vater und der Sohn in der Halle, die der Vater für die Feier gemietet hat. Der Sohn freute sich: "Jetzt kommen die Gäste, jetzt beginnt die Party." Aber es kam fast niemand. Nur zwei Freunde kamen. Der Sohn wartete und wartete auf den Rest und sagte dann erbost zu seinem Vater: "Hast du sie wirklich alle eingeladen? Haben sie zugesagt? Hast du die Uhrzeit richtig genannt?!" – "Ja, habe ich." – Antwortete der Vater ruhig. "Wo sind dann denn alle meine Freunde, wenn du alles richtig gemacht hast?" – "Da sitzen sie doch." – sagte der Vater und zeigte auf die zwei Freunde, die gekommen sind. "Ich rief alle an. Und sagte, dass du große Probleme hast und Hilfe brauchst. Ich sagte auch, dass sie sich physisch und finanziell für deine Probleme einsetzen sollten und heute hierher kommen sollen. Deswegen sage ich dir: Da! Da sitzen sie, deine wahren Freunde."