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Obstkorb mit Äpfeln

Gerald der Schrumpelige Apfel

  • Kategorie:  
  • Gute-Nacht-Geschichte
Lesezeit ca. 5min

Eine Gute-Nacht-Geschichte von S. Ißleib

In einer sonnigen Küche stand einmal eine Obstschale. Darin lebte ein Apfel namens Gerald. Gerald war kein gewöhnlicher Apfel. Er war schon etwas älter, als andere Äpfel. Und seine Schale war schrumpelig, seine roten Wangen hatten bereits ein paar braune Flecken. Doch Gerald war ein zufriedener Apfel. Er saß gerne in der Obstschale. Dabei schaute er stets aus dem Fenster in den grünen Garten und dachte nach.

Aber Gerald war nicht allein in seiner Obstschale. Neben ihm lag ein weiterer Apfel. Sein Name war Mavenja nannte. Sie war frech und immer zu einem guten Scherz aufgelegt.

„Hey Gerald", sagte Mavenja eines Tages und stupste ihn mit einem kleinen Stil an, "willst du nicht mal etwas anderes unternehmen, als nur hier rumzuschrumpeln?“

„Ich unternehme doch etwas", antwortete Gerald gelassen.

"Ach ja, was denn?"

"Ich denke nach. Und warte auf meine Zeit.“

„Worauf wartest du", fragte Mavenja verwirrt. "Auf deine Zeit? Dass du so schrumpelig wirst, bis man dich mit einem Pfirsichkern verwechselt?“ kicherte Mavenja. Sie lachte so herzhaft, dass sie dabei beinahe über die Banane neben ihr kullerte.

Gerald seufzte, doch er war nicht böse. „Jeder Apfel hat seinen Moment und meiner kommt bestimmt noch.“

Die Tage verstrichen, und Gerald wurde von Morgen zu Morgen runzliger. Mavenja neckte ihn weiterhin. „Gerald, wenn du noch ein bisschen länger wartest, wirst du noch zu Apfelmus!“ Gerald lachte nur leise. Er mochte Mavenja, auch wenn sie manchmal ein bisschen frech war und er es nicht zugeben wollte.

Als eines Tages die Nachmittagssonne die Küche in goldenes Licht tauchte und die Obstschale wärmte, geschah etwas Unerwartetes. Ein Mäuschen huschte über den Küchenboden, sprang auf den Tisch und lugte in die Obstschale hinein.

„Oh, was für ein Glück! Ich suche schon seit Stunden etwas zu essen“, piepste sie und schnüffelte mit ihrem Näschen an Mavenja.

„Nanu! Ich bin noch zu frisch, du solltest lieber etwas anderes probieren“, sagte Mavenja und rollte ein Stück zur Seite. Gerald aber lächelte. „Ich bin zwar nicht mehr der knackigste Apfel im Obstkorb, aber ich bin immer noch süß. Hier, kleines Mäuschen, iss ein Stück von mir.“

Das Mäuschen knabberte vorsichtig an Geralds Schale. Es verstrich ein kurzer Moment, dann piepste sie glücklich. „Köstlich! Danke, Gerald!“

Nachdem das Mäuschen satt war, huschte es mit einem zufriedenen Lächeln davon. Mavenja sah Gerald lange an. „Du bist ja ziemlich mutig, Gerald. Ich hätte mich das nicht getraut.“

Gerald lächelte. „Siehst du, Mavenja? Jeder Apfel hat seine eigene Zeit und seinen Zweck. Manchmal geht es nicht darum, wie frisch oder fruchtig die Schale aussieht, sondern darum, was man für andere tun kann.“

Mavenja dachte kurz darüber nach und kullerte ein Stück näher zu Gerald heran. "Vielleicht hast du recht. Aber wenn du so schlau bist, wirst du sicher auch mit meinem nächsten Streich klarkommen."

Gerald lachte. „Da bin ich mir sicher.“

Von diesem Tag an waren Gerald und Mavenja ein Team.

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