Scheinselbstständigkeit vermeiden: Warum ist das wichtig?
Erhebt euer Finanzamt oder der Sozialversicherungsträger – dies kann eure Krankenkasse sein – den Verdacht, dass ihr in eurem Home-Office eine scheinselbstständige Tätigkeit ausführt, wird eine Prüfung angeordnet. Bei dem Besuch schaut der Prüfer sich alle Vereinbarungen an, die ihr mit euren Auftraggebern getroffen habt. Außerdem klärt er ab, ob ihr nur für einen Auftraggeber tätig seid und inwieweit ihr von der betrieblichen Organisation dieses Auftraggebers erfasst werdet.
Kommt der Prüfer zu dem Schluss, dass der Anfangsverdacht sich bestätigt, ist dies sowohl für euch selbst als auch für euren Auftraggeber mit weitreichenden – auch finanziellen – Folgen verbunden. Dies betrifft nicht nur die Nachforderung von noch nicht bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen. Die Institutionen sind überdies dazu berechtigt, Säumniszuschläge festzusetzen. Darum ist es wichtig, dass ihr gleich zu Beginn eurer Tätigkeit im Home-Office eine Scheinselbstständigkeit vermeidet.
Die Merkmale einer Scheinselbstständigkeit sind klar definiert. Wenn ihr einige praktische Tipps beherzigt, werden bei einer Prüfung keine Unklarheiten auftauchen.
Scheinselbstständigkeit vermeiden: 6 praktische Tipps
Die folgenden sechs praktischen Tipps sollen euch helfen, die Scheinselbstständigkeit im Home-Office zu vermeiden.
Tipp 1: Arbeitet gleichzeitig für mehr als einen Auftraggeber
Sorgt als Eltern im Home-Office dafür, dass ihr eure Aufträge nicht nur von einem Kunden bekommt. Für den Prüfer von der Sozialversicherung besteht sonst schnell der Anfangsverdacht einer Scheinselbstständigkeit. Während ihr den Auftrag für einen Kunden erledigt, haltet ihr deshalb schon nach den nächsten Auftraggebern Ausschau.
Die vertraglichen Bedingungen sind ein weiterer Faktor. Schließt ihr mit einem Auftraggeber einen Vertrag ab, achtet darauf, dass ihr nicht in dem Umfang eurer täglichen Arbeitszeit eingeschränkt seid und auch sonst weitestgehend weisungsfrei handelt.
Tipp 2: Verlegt eure Hauptaktivitäten in das Home-Office
Abhängig von der Art eurer Tätigkeit als Selbstständige, müsst ihr bei eurem Kunden vor Ort tätig werden. Arbeitet ihr z. B. als Webdesigner oder Online-Marketer, verschafft ihr euch mit einem Besuch in dem Unternehmen entscheidende Eindrücke. Diese Aufenthalte sollten auf den notwendigen Rahmen beschränkt werden. Können die weiteren Tätigkeiten auch in eurem Home-Office erfüllt werden, freuen sich die Kinder darüber, dass sie euch öfter sehen. Betreibt ihr euer Home-Office mit Kindern, solltet ihr diese in euren Zeitplan integrieren. Das bedeutet z. B. auch mal, dass ihr noch arbeitet, wenn die Kinder im Bett sind.
Tipp 3: Lasst euch nicht in die Organisation eines Auftraggebers integrieren
Eine wichtige Voraussetzung für eine unselbstständige Tätigkeit ist, dass ein Arbeitnehmer in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers eingegliedert ist. Dies drückt sich z. B. dadurch aus, dass in dem Arbeitsvertrag die Arbeitszeiten fest geregelt sind und ein Arbeitnehmer nur eine bestimmte Anzahl an Urlaubstagen im Jahr in Anspruch nehmen kann. Überdies ist ein Arbeitnehmer seinem Vorgesetzten gegenüber weisungsgebunden.
Als Eltern, die in ihrem Home-Office eine selbstständige Tätigkeit übernehmen, braucht ihr euch an diesen Vorgaben nicht zu halten. Ihr entscheidet selbst, ob ihr einen Auftrag übernehmt und wie früh ihr am Morgen mit eurer Arbeit startet. Dies sollte bei einer vertraglichen Regelung auch klar zum Ausdruck kommen.
Eine stärkere Einbeziehung eures Familienlebens wertet ein Prüfer ebenfalls als Kriterium gegen eine Scheinselbstständigkeit. Sie zeigt ihm, dass ihr einem Auftraggeber nicht für acht Stunden am Tag zur Verfügung steht und somit auch in dessen betriebliche Organisation integriert seid.
Tipp 4: Macht Werbung für euch
Wenn ihr für eure selbstständige Tätigkeit Werbung macht, hilft euch das im doppelten Sinn:
Zum einen werden die Auftraggeber auf euch aufmerksam, wenn ihr z. B. euer eigenes Briefpapier verwendet oder Visitenkarten verteilt. Zum anderen erkennt ein Prüfer von der Sozialversicherung, dass euch euere Selbstständigkeit ernst ist. So zeigt ihr, dass ihr auf der Suche nach weiteren Auftraggebern seid.
Tipp 5: Tragt euer unternehmerisches Risiko selbst (und zeigt dies auch)
Selbstständige tragen das gesamte Unternehmensrisiko allein. Dies stellt auf der einen Seite einen Nachteil für die eigenverantwortliche Tätigkeit dar. Zeigt ihr aber – z. B. durch den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung – wie ihr das Risiko eingrenzt, habt ihr gleichzeitig einen Beleg und sichert euch für den finanziellen Schaden eines Selbstständigen ab.
Tipp 6: Gründet eine Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt)
Den ersten Anschein einer Scheinselbstständigkeit vermeidet ihr rechtssicher, wenn ihr eure Tätigkeit im Home-Office als Unternehmen präsentiert. Hier empfiehlt sich die Gründung einer Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt).
Die Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) wird rechtlich als „Mini-GmbH“ angesehen. Dies bedeutet, dass ihr nicht mit eurem Privatvermögen haftet. Im Gegensatz zu einer GmbH ist bei einer Unternehmergesellschaft kein Stammkapital von 25.000 Euro notwendig. Theoretisch müsst ihr nicht mehr als einen Euro zahlen, um euer eigenes Unternehmen als UG haftungsbeschränkt ins Leben zu rufen. Um eure Verbindlichkeiten und die laufenden Ausgaben zu tilgen, sollte aber etwas mehr Kapital vorhanden sein.
Ein Nachteil der Unternehmergesellschaft ist in der geringen Kreditwürdigkeit zu sehen. Eure Auftraggeber wissen, dass das Unternehmen mit keiner sehr hohen Kapitaldecke ausgestattet ist. Dies schreckt viele Kunden ab.
Selbstständig im Home-Office: Gibt es weitere rechtliche Hürden?
Deine Tätigkeit als Freiberufler oder Freelancer im Home-Office unterscheidet sich von der eines Arbeitnehmers, der hier für seinen Arbeitgeber tätig ist. So musst du z. B. nicht die Regelungen zum Arbeitsschutz und die Bestimmungen im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beachten. Als Freiberufler oder Freelancer ist es dir deshalb auch möglich, an einem Sonntag oder an einem Feiertag einige Aufträge zu übernehmen.
Mit dem Datenschutz verhält es sich dagegen anders. Hier bist du dazu verpflichtet, die persönlichen Daten deiner Auftraggeber ausschließlich im Sinne des Datenschutzes und der Europäischen Datenschutzgrundverordnung zu schützen.